07.11.2019 – Landkreis Cloppenburg probt den Katastrophenfall – Herbststurm über drei Schichten simuliert

Landkreis Cloppenburg – Sturmböen mit bis zu 120 Stundenkilometern peitschen über den Landkreis Cloppenburg, bis zu 40 Liter Regen prasseln pro Quadratmeter herab und zwei Zentimeter große Hagelkörner fallen vom Himmel.

Bild: Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und Psychosozialer Notfalldienst standen dem Katastrophenstab als Fachberater zu Verfügung

Die wichtigsten Bundesstraßen sind mit zahlreichen Bäumen blockiert, in Barßel und Ramsloh ist die Stromversorgung zusammengebrochen. Fast 50 Passagiere müssen kurz darauf aus einem steckengebliebenen Zug befreit werden. Landrat Johann Wimberg entschließt sich, aufgrund der sich verschärfenden Lage den Katastrophenfall auszurufen. Der bereits zuvor vorsorglich zusammengetretene Katastrophenstab verfolgt die Lage im Einsatzzentrum des Kreishauses. Seine Mitglieder  haben alle Hände voll zu tun, um die nötigen Rettungskräfte, schweres Gerät und Infrastruktur zu organisieren und koordinieren. Die ohnehin angespannte Lage erreicht nach nur wenigen Stunden ihren Höhepunkt, als die Mitteilung eintrifft, dass die Deiche an der Thülsfelder Talsperre bald brechen könnten. Zahlreiche Menschenleben sind in Gefahr. Und der Wetterbericht verspricht vorerst keine Besserung.

Bild: Landrat Johann Wimberg, Dezernent Neidhard Varnhorn als Leiter des Stabes und sein Vertreter Martin Richter machen sich ein Bild von der Lage im Landkreis

Zum Glück handelte es sich bei den beschriebenen Szenen nur um das Szenario einer fast neun Monate lang vorbereiteten Übung des Katastrophenstabs des Landkreises Cloppenburg. Über drei Tage wurde in drei Schichten die Bewältigung eines verheerenden Herbststurms zusammen mit Beratern der Feuerwehr, DLRG, THW, DRK, Psychosozialem Notfalldienst und der Bundeswehr geprobt. Die Fachberater halfen ehrenamtlich.

Bild: Die regelmäßige Lagebesprechung des Katastrophenstabs. Im Vordergrund sind die Vertreter der Bundeswehr zu sehen

Wer ist für was zuständig? Ab wann kann und darf die Kreisverwaltung handeln? Wer kann im Ernstfall bei was helfen? Wie reagiert man auf unerwartete Situationen? Damit sich solche Fragen im Ernstfall nicht zum ersten Mal stellen, wurde viel Mühe in die Organisation der Übung gelegt, die in dieser Form mit fortlaufendem Szenario zum ersten Mal im Landkreis Cloppenburg durchgeführt wurde. Vertreter von Behörden, wie zum Beispiel Beamte der Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta, wurde vor Ort die Arbeit des Stabs präsentiert.

Bild: Landrat Johann Wimberg (Tischende) informiert sich bei den Leitern der Abteilungen und Fachberatern über den Sachstand. Anschließend rief er in der Übung für den Landkreis den Katastrophenzustand aus

Ein sogenannter Gegenstab sorgte dafür, dass die Arbeitsbelastung nicht nachließ. So mussten Unbefugte des Raumes verwiesen, beunruhigte Menschen durch die Einrichtung eines Bürgertelefons informiert werden. Der Gegenstab spielte die über Telefone erreichbare Außenwelt in den verschiedensten Ausprägungen: Vom gestressten Brandmeister einer Gemeinde über hart verhandelnde Unternehmer bis hin zum kurz angebunden Fachmann vom Deutschen Wetterdienst. Stets versuchten die sieben Mitglieder des Gegenstabs, die Lernkurve genau so steil zu halten, dass der Katastrophenstab aus der Übung profitieren konnte.

Bild: Erster Kreisrat Ludger Frische (sitzend, Vordergrund) folgt als Leiter des Stabes der Lagebesprechung des Katastrophenstabs

Im Laufe des zweiten Tages spitzte sich die fiktive Lage an der Thülsfelder Talsperre weiter zu. Helfer mussten zum Befüllen von Sandsäcken organisiert werden, die Bevölkerung informiert und in den letzten Stunden der zweiten Schicht wurde eine kontrollierte Brechung des Deiches der Talsperre vorbereitet. Die sollte genau dort sein, wo es die wenigsten Verluste an Gebäuden oder landwirtschaftlicher Fläche zu erwarten gab. Dass Pläne aber im Katastrophenfall oft nicht lange bestehen, merkte dann die dritte Schicht. Der Staudamm gibt den Wassermassen plötzlich unkontrolliert nach, umliegende Landstriche werden überflutet. Gleichzeitig wird in der betroffenen Gegend der Strom abgeschaltet. Der Krisenstab organisiert die Evakuierung von Menschen und Tieren, auch aus dem anliegenden Tierpark, und kümmert sich um weitere Notunterkünfte in umliegenden Gemeinden. Dazu muss Infrastruktur zur Versorgung der Rettungskräfte, zum Betanken ihrer Fahrzeuge oder für die Ankunft der Pioniere Bundeswehr geschaffen werden, die beim Deichbau helfen sollen. Bei den Aufgaben hilft die ständige Expertise der Fachberater der jeweiligen Organisationen, die im Ernstfall als Bindeglieder fungieren. Lob für die Arbeit des Katastrophenstabs kam am Ende der dreitägigen Übung von Dozentin Imke Deutsch, die die Mitglieder des Stabs zuvor vorbereitet hatte und nun zusammen mit dem Gegenstab die Übung koordinierte. „Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt, wir sind viel weiter gekommen als erwartet“, betonte Deutsch. Wichtig sei vor allem gewesen, dass jedes Mitglied des Stabes sein Aufgabengebiet kenne, wisse, was es zu tun habe, und wichtige Formalien, wie strukturierte Lagebesprechungen, ohne Probleme gelöst werden konnten. „Auch das taktische Arbeiten läuft bereits sehr gut und die drei Schichten sind trotz Krankheitsfällen gut aufgestellt.“ Letzteres sei fast ein weiteres Element einer realitätsnahen Übung, da im Falle eines Herbststurms aufgrund von blockierten Straßen oder persönlicher Betroffenheit der Katastrophe nicht alle Mitglieder den Weg zum Kreishaus bewältigen könnten. „Die Motivation des Stabs ist sehr groß und er war der Belastung gewachsen.“ Natürlich seien den Mitgliedern auch Fehler unterlaufen. „Aber genau die sollten durch die Übung ausgemerzt werden“, erinnert Deutsch.

Text: Landkreis Cloppenburg

Fotos: Sascha Rühl – Landkreis Cloppenburg

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