26.10.2024 – Übung „Wangersturm“ – oder wenn der „Blanke Hans“ auf die Nordseeküste trifft

LK Friesland – Mit einem Voralarm am Abend (26.10.2024) vor Übungsbeginn startete die diesjährige Übung der KFB des Landkreise Friesland.

Um 7 Uhr sollte die Einsatzbereitschaft in der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) in Jever hergestellt sein. Rund 100 Einsatzkräfte der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerk (THW) und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) versammelten sich auf dem großen Platz der FTZ.
Um kurz nach sieben Uhr machten sich die Kreisbereitschaftsführer, Reiner Hinrichs und Maik Biere, zusammen mit dem stellv. Kreisbrandmeister Dirk Heuer auf den Weg ins Einsatzgebiet. Am Feuerwehrhaus im wangerländischen Hohenkirchen liefen alle Fäden zusammen. Hier befand sich die Einsatzleitung, die bereits seit Tagen die wangerländischen Feuerwehren bei der Einsatzkoordination unterstützt haben. Dort bekamen die Führungskräfte eine detaillierte Ausgangslage beschrieben. Diese war wie folgt:
Es stürmt seit Tagen, die Feuerwehren aus dem Wangerland sind bereits seit 5 Tagen mit Unterbrechungen im Einsatz. Hier waren sie vorrangig für die Beseitigung von Sturmschäden und mit leerpumpen von Kellern beschäftigt. Doch es soll noch schlimmer kommen. Es hat sich ein Orkantief angekündigt und soll am Folgetag auf die Nordseeküste treffen. Die Pumpen des Schöpfwerkes laufen schon seit Tagen auf Volllast und werden wahrscheinlich die erneuten Wassermassen nicht mehr schaffen. Der „Blanke Hans“ wird auf die Nordseeküste treffen. Umgangssprachlich ist der „Blanke Hans“ eine Bezeichnung für die tobende Nordsee bei Sturmfluten. Davon abgeleitet werden auch orkanartige Stürme über der Nordsee so bezeichnet. Deshalb müssen die Deichtore verschlossen und mit Sandsäcken gesichert werden, und weiter müssen genügend Sandsäcke vorbereitet werden, um eventuelle Schäden an den Deichen abdichten zu können.

Das Szenario war ganz nah dran an der Realität. Jedoch oder auch zum Glück ist es an der friesischen Küste in den vergangenen Jahren noch nicht so eingetreten.
Die Flutmarken, die in jedem Küstenort in der Nähe der Sieltore oder Häfen zusehen sind, z. B. die aus dem Jahr 1962, machen deutlich, dass es schnell gehen kann und dann auch gefährlich werden kann. Ausgearbeitet haben die Übung Gunda Burmann (Ortswehr Cleverns), Eike Eilers (Gemeindebrandmeister Wangerland) und Holger Leichter (stellvertretender Ortsbrandmeister Hohenkirchen) „Es geht uns darum, zu üben, was im Ernstfall wichtig ist. Wir wollen wissen, wie lange was dauert“, sagt Eike Eilers bei der Lageeinweisung. „Vor allem aber wie gut die Logistik funktioniert, denn von Hohenkirchen aus, braucht man immer 15 Minuten zu jedem Einsatzort an der Küste“, führt er fort.

Auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen sollte geübt werden. So stellte das THW eine wichtige Komponente in der Logistik dar. Deren Einsatzkräfte verfügten über fachkundiges Personal, die zum Beispiel auch einen zur Verfügung gestellten Gabelstapler bedienen durften. Auch der Eigenschutz für die Einsatzkräfte musste gewährleistet werden. So hatten die beiden Helfer des DRK alle Hände zu tun. Mal war es ein simulierter Unfall an der Sandsackfüllmaschine, mal war es ein umgeknickter Fuß bei einem Kameraden an der Einsatzstelle am Deichtor. Fast alle Eventualitäten wurden von der Übungsleitung bedacht.
Den Verlauf der Übung schauten sich auch Vertreter der Bundeswehr, vom Kreisverbindungskommando Friesland, der Landrat Sven Ambrosy und auch Vertreter einzelner Kommunen an, um die Fähigkeiten der KFB und dem Übungsszenario vertraut zu machen.

Herausforderungen während der Übung galt es zu meistern, nach zehn Tagen der Übernahme durch die neueingerichtete Führungskomponente, funktionierte der ELW mit seiner Technik und der neuen IT besser als erwartet. Der ELW war bisher als Technische Einsatzleitung (TEL) genutzt worden. Die TEL des Landkreises wird zukünftig keine mobile Einheit in dieser Form benötigen, so dass die Kreisfeuerwehr nun auf eine eigene mobile Einsatzleitung zurückgreifen kann.
Ein weiteres Szenario, war auf einem Nebenschauplatz. Alle drei Züge waren damit beschäftigt Sandsäcke zufüllen, die Deichsicherung vorzunehmen und die Sandsäcke von A nach B zu verteilen, als die Einsatzleitung einen Einsatz für den ersten Zug meldete. Im benachbarten Waddewarden hatte eine Brandmeldeanlage (BMA) ausgelöst. Als der Zugführer vor Ort ankam, konnte er eine starke Rauchentwicklung in dem Gebäude feststellen und ein Augenzeuge meldete drei Personen als Vermisst. Kurzerhand wurde vom Hochwasser-Einsatz zur Brandbekämpfung umgestellt und der Einsatz professionell abgearbeitet. Geübt wurde also auch die ortswehrübergreifende Zusammenarbeit.

Die Errichtung und der Betrieb einer Sandsackabfüllstation, die Produktion und den Transport von Sandsäcken, den Verschluss von Deichtoren, aber auch die Sicherstellung der Versorgung der Einsatzkräfte, all das waren Szenarien, die jeder Zeit an der Nordseeküste und auch im gesamten Bundesgebiet auf die Einsatzkräfte zu kommen kann.
Auch die Versorgung der eingesetzten Kräfte stand mit auf dem Übungsplan. Zum Übungszeitraum stand der Küchencontainer nicht zur Verfügung, da er in Reparatur war. „Das kann im Ernstfall auch mal vorkommen, das ist die Realität. Also: Man muss sich was einfallen lassen, denn Essen und Trinken sind im Einsatzfall grundlegend wichtig“, erklärte Eilers. Kurzum hat die Küchencrew das Essen in der FTZ gekocht und anschließend an die Einsatzstellen gebracht. Um cirka 15 Uhr wurden alle Punkte auf der Übungsagenda erfolgreich abgearbeitet und die Übung beendet. Insgesamt wurden in etwa 1900 Sandsäcke befüllt und an zwei Stellen verbaut und etliche Kilometer von der Sandsackfüllmaschine bis zu den Einsatzorten am Deich abgefahren. „Die Teams haben das sehr professionell und sehr gut abgearbeitet“, so der stv. KBM Dirk Heuer. „Ich kann mit Stolz behaupten, dass die Kreisfeuerwehr des Landkreises Friesland sehr gut vorbereitet ist und eine schlagfertige Truppe hat. Gleichwohl stehe eine Optimierung bei Material und Personal immer an oberster Stelle.“, führt er weiter fort. Zum Abschluss fand die Nachbesprechung der Übung mit einem gemeinsamen Abendessen in der FTZ statt.

Fotos und Text: Dirk Heuer, stv. KBM

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